Die WG – oder: wie alles begann… (1)

Diese Geschichte hat einige Überschriften. Zum Beispiel: Die WG.
Oder: Eigentlich suchten wir nur eine Putzhilfe…
Svenja meint, ich sollte sie Das Sklaven-Casting nennen.
Hm, ich weiss nicht…

Also, vielleicht muß ich wirklich von vorne anfangen. Also: Ich war neu in der Stadt, ich hatte einen Studienplatz, aber kein Bett. Und wie ich so durch die Mensa strolche, ziemlich verzweifelt, sehe ich, wie eine junge Frau einen Zettel am schwarzen Brett aufhängt: Mitbewohnerin gesucht. Na denk ich mir, da ruf ich mal an. Und was soll ich sagen: Svenja hat mich genommen. Auch wenn ich ein Mitbewohner bin. So bin ich bei ihr eingezogen.

Ich machs kurz: Das ging einige Zeit gut. Doch irgendwann fiel mir auf, dass sie immer weniger machte. Die Dusche wurde immer siffiger, der Kühlschrank wurde nicht mehr sauber gemacht, die Fenster wurden blind. Es wurde Zeit für ein Gespräch.

Ich bin bestimmt nicht der sauberste, aber es mußte was passieren. Wir haben hin und her überlegt, und dann kam sie mit einer Idee, erst etwas unausgegoren, dann immer konkreter. Tja, und dann haben wir diesen Zettel aufgehängt: Sklave gesucht, für leichte Hausarbeit und andere Dinge. Email dazu, fertig. Mal sehen was passiert.

Was ist denn das? Ich hab aus den Augenwinkeln diesen Zettel gesehen, der Begriff Sklave sprang mir buchstäblich in die Augen. Sklave gesucht, für Hausarbeit und andere Dinge – was ist denn bitte unter „andere Dinge“ zu verstehen? Und wer meldet sich bloß auf einen Job als Hausarbeiter? Womöglich unbezahlt. Sklave steht da. Das allein macht mich an. Und dann steht da „und andere Dinge“. Meine Phantasie setzt ein. Sklave und andere Dinge, rum rum rum geht das in meinem Kopf. Aber will ich das wirklich? Sklave, und das heutzutage. Wer will schon Sklave sein? Und die „anderen Dinge“ sind bestimmt auch nicht lustig. Rum rum rum geht das in meinem Kopf. Tagelang. Bestimmt zwei Wochen lang. Sklave, meinen die damit mich?

Das werde ich nie erfahren wenn ich mich da nicht mal melde. Irgendwann schreib ich also eine mail, die Antwort kommt postwendend: Ich soll ausführlich über mich schreiben, mit Bild. Hm, da setz ich mich doch mal hin und komponiere einen feinen Lebenslauf. Mit Bild. Hab ich noch ein gutes? Bestimmt. Und dann los.

Die Reaktion auf unseren winzigen Zettel war enorm. Wir bekamen in den nächsten Wochen 92 emails. So um die 50 haben wir gleich abgesagt. Ich hatte gedacht, dass Sklave eindeutig ist. Es bewarben sich überwiegend Männer mit ganz konkreten Vorstellungen, wie sie behandelt werden wollen. Und wie nicht. Und Sissies. Keine Chance, da wollten wir nicht hin. Wir wollten es mit einem Mann versuchen. So um die 30 kamen in die engere Wahl. Dreißig! Dreißig Männer, die sich dafür interessierten, bei uns Sklave zu sein! Und unseren Hausputz erledigen wollten. Und das für lau. Und das nur auf die vage Aussicht auf „andere Dinge“ hin, was auch immer darunter zu verstehen sein mochte. Was stimmt denn bei denen nicht? Da muß doch etwas falsch verdrahtet sein. Ihr werdet sagen: das ist ja völlig unrealistisch, wer macht sowas, aber es waren wirklich soviele Bewerbungen, wir konnten es auch kaum glauben.

Also, was machten wir damit? Erstmal sollten sie sich vorstellen, mit Lebenslauf und Fotos. Wir mußten ja aussieben. Und freuten uns, dass wir bald unser Putzproblem gelöst haben würden. Ganz ohne Geld. Nur von 26 bekamen wir den geforderten Lebenslauf, von den anderen hörten wir nichts mehr. Ich einigte mich mit Svenja auf siebzehn, die in die nächste Runde kamen. Mittlerweile hatten wir uns genau ausgedacht, wie das weiter ablaufen sollte. Wir wollten ein Casting durchführen, eventuell sogar eine Art Assessment-Center. Und schließlich eine Probezeit. Und wir wollten mittlerweile nicht mehr nur einen.

Es gab dicke, dünne, junge und alte, religiöse, sportliche, welche von weit her, andere aus dem selben Viertel, manche mit Einschränkungen, manche, die den Begriff Sklave nicht verstehen wollten, sogar Ehemänner waren dabei. Ein Professor. Später stiessen noch zwei Azubis und ein professioneller Putzmann dazu. Das ganze Programm. Was erhofften die sich bloß von unserer „Stellenausschreibung“? Mir wurde zeitweise unheimlich – ob das wirklich eine gute Idee war??

Ein Casting! Ach du liebe Zeit, ein Casting. Was macht man bei einem Casting? Was macht man bei einem Casting, bei dem es um die Stelle eines „Sklaven“ geht? Zieht man sich da schick an? Oder aufreizend? Was erzählt man da? Und wo soll das überhaupt sein? In einem Cafe? Wo lauter Menschen zugucken? Ich bin drauf und dran, das Ganze sein zu lassen. Ein Sklaven-Casting, so was verrücktes. Fehlt nur noch dass sie ein Sportabzeichen verlangen (das hätte ich übrigens zu bieten, wenn auch nur knapp). Ich hab immer die Jobs bekommen, die ich eigentlich nicht wollte. Da bin ich immer lässig beim Vorstellungsgespräch aufgetreten und bums: hatte ich den Job. Also mache ich mir keine Gedanken, ziehe mich eben ganz normal an und setze mich in die Strassenbahn: Hallo, ich bin auf dem Weg zu einem Sklaven-Casting – hat man schonmal von sowas gehört?

Siebzehn potentielle Sklaven, wir hatten uns auf drei Tage im Cafe eingerichtet. Für sechs Anwärter je eine knappe halbe Stunde ergibt 3 Stunden. Und das drei Tage lang – wir mussten viel Kaffee trinken und Kuchen essen. Es gibt Schlimmeres.

Da stehe ich also vor diesem Cafe, es sind noch drei Minuten. Mir rutscht das Herz in die Hose. Soll ich jetzt wirklich da rein gehen? Was passiert mit mir? Werd ich vom notgeilen Alten vergewaltigt? Oder sucht da jemand wirklich nur n kostenfreien Putzmann? Einer der nackt putzt um sich aufzugeilen, sich schön billig einen runter zu holen? Fast dreh ich um, aber irgendwie treibt mich die Neugier. Was für eine schräge „Stellenausschreibung“ – ach was, ich guck mir das jetzt einfach an. Meine Freund weiss wo ich bin und das Händi sendet ständig meinen Standort. Und wenn ich mich in einer Stunde nicht melde informiert er die Polizei, eigentlich kann nicht viel passieren. Ich mach das jetzt einfach mal, also Tür auf und rein in die gute Stube.

Das Cafe ist voll. Wie finde ich jetzt meine zukünftigen „Arbeitgeber“? Ach, da drüben in der Ecke sitzen sie, eine Rose liegt quer auf dem Tischchen, an dem Tisch sitzen eine ganz normal aussehende junge Frau, vielleicht Anfang zwanzig und ein junger Mann, genauso alt. Ich stelle mich einfach vor den Tisch, die Anweisungen waren klar. Sonnenklar. Der junge Mann mustert mich von oben bis unten, dann kommt ein Befehl: Down! Äh, was? ER zeigt auf den Boden, die Geste ist unmissverständlich. Soll ich mich wirklich auf den Boden setzen? Na wirds bald?! ich knie mich hin, setze mich auf meine Beine. Was tue ich eigentlich da? ich gehorche einem jungen Mann, der bestimmt mir Anweisungen erteilt. In aller Öffentlichkeit. ich sitze in einem voll besetzten Cafe zu SEINEN Füßen, was ist mit mir bloß los? ich reagiere wie programmiert, einfach so. Und jetzt? Was passiert jetzt? Nix passiert, die beiden unterhalten sich angeregt miteinander. Es ist laut hier, ich versteh kaum worum es geht. So sitze ich also brav zu ihren Füßen, warte auf das was da kommen wird, 5 Minuten, 10 Minuten, eine gefühlte Ewigkeit.

Endlich dreht ER sich zu mir um. Besser: Zu mir runter. So, damit du weißt mit wem du es zu tun hast. Ich bin Chris, das ist Svenja. Und du bist „Nummer acht“, ok? Und damit du gleich weißt wos lang geht gibts ein paar einfache Regeln, merk sie dir gut. Also erstens: du tust sofort was man dir sagt. Zweitens: du redest nur wenn du gefragt wirst. Drittens: du kannst jederzeit gehen. Einfach so. Solange du bleibst bist du einverstanden mit dem was wir mit dir machen. Wir wollen von dir nichts wissen, nichts haben und auch nichts hören, mach einfach deinen Job und alles wird gut. ich nicke. Gut, sagt ER, dann steh auf und geh. Jetzt. Ich melde mich bei dir. Was? Das wars schon? Das wars schon. ER meint das ernst. ich stehe auf und verlasse das Cafe, so wie es in den Anweisungen stand. Das sollte also das Sklaven-casting sein? Ja, offenbar wars das. Ich sitze in der Strassenbahn und denke darüber nach was da gerade passiert ist. Und was wohl noch passieren wird. Ob das wohl lange dauert bis sie sich entschieden haben? Und wenn sie mich nehmen, will ich das überhaupt? Für diese beiden arbeiten? Putzen, und dann noch was; was sie wohl damit meinen? Ach was, ich warte jetzt einfach mal ab. Vielleicht melden sie sich auch gar nicht. Irgendwie kribbelt es in meinem Bauch. Und mein kleiner Freund da unten macht Stehübungen…

Am Ende einigten wir uns auf drei und ein paar als Ersatz. Einige haben wir später an spezielle Freunde vermittelt, die uns heute noch sehr dankbar sind für unser nicht-gewolltes Material. So ein paar Haussklaven erleichtern das Leben doch ganz erheblich. Sandie hat sogar die Liebe ihres Lebens gefunden, die Hochzeit ganz in Latex, er zu ihren Füßen, war eine ziemlich spezielle Angelegenheit. Aber schön dass es zwischen den beiden so gefunkt hat.

Fast eine Woche später eine email. Mittwoch 18 Uhr, Kaiserstrasse 18. Bring nichts mit. Chris. Na, der gesprächigste ist ER ja nicht gerade. Noch drei Tage. Soll ich wirklich hingehen? Die beiden sahen ja recht normal aus. Und jetzt weiss ich auch wo sie wohnen. Ist nicht weit. Ob ich schonmal vorbei fahre und gucke? Ach, was wird man da schon sehen, ein Stadthaus halt. Soll ich? Oder doch nicht? Sklave? Putzen? Und „andere Dinge“? Will ich das? Wieder gehen mir Bilder durch den Kopf, will ich das wirklich? Nein, das geht nicht. Ich will doch kein Sklave sein. Und für lau deren Wohnung sauber machen. Und was soll das überhaupt heissen: „und andere Dinge“? Nee, das ist ja völlig verrückt, da geh ich nicht hin. Soll ich IHM absagen? Nee, warte damit mal, das kann ich immer noch. Was hat ER gesagt? Ich kann immer gehen? Und wenn ich nun gar nicht erst hingehe? Ohje, das wird eine schwierige Entscheidung…

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